Weltrekord im Wasserrutschen geknackt

Karlsruhe/Neckarsulm - Deutschland gegen USA: Im Europabad in Karlsruhe helfen Hunderte, den Weltrekord im Rutschen nach Deutschland zu holen. Auch der amtierende Weltmeister im Schnell-Rutschen mischt kräftig mit. Und erklärt, dass sein Hobby ganz schön schmerzhaft sein kann.

Ein magerer Junge in schwarzen Schwimmshorts hält sich die Ohren zu und lächelt gequält. Er steht am Eingang der 170 Meter langen Rutsche im Karlsruher Europabad und schaut dem Mädchen hinterher, das sich eben mit Geschrei auf die Rutsche gewagt hat. "Mann", sagt der Junge: "Das hältst du ja im Kopf nicht aus". Er wartet kurz, dann schwingt er sich auf die Rutsche. Es ist eine Riesen-Sause. Es gilt, den Weltrekord im Rutschen zu erzielen und damit dem amtierenden Rekordhalter USA abzujagen.

24 Schwimmbäder
5782 Kilometer haben sich die US-Amerikaner im vergangenen Jahr in insgesamt "errutscht". Der Herausforderer Deutschland hält am Samstag in bundesweit 24 Schwimmbädern mit tausenden Rutschbegeisterten dagegen. Das Prinzip ist simpel: 24 Stunden lang darf gerutscht werden, jede Fahrt wird erfasst, jeder Teilnehmer kann so oft rutschen wie er will, und am Ende werden die Meter zusammengezählt. Gerutscht wird von morgens bis in die Nacht hinein. Mit Erfolg: Es werden insgesamt 7841 Kilometer gerutscht. Das ist Weltrekord.
 
"Die Aktion stößt auf eine ungeheure Resonanz", sagt Sonja Albrecht von der Karlsruher Bädergesellschaft, die an der Organisation der Veranstaltung beteiligt ist. Sie sitzt an einem Tisch neben der Rutsche, um sie drängen sich die Neugierigen wie Seehunde bei der Fütterung. Alle schnappen gleichzeitig nach den Kugelschreibern, um sich auf der Teilnehmerliste einzutragen. "Die rutschen hier wie wahnsinnig, eine Tour nach der anderen", sagt Albrecht und wischt sich den Schweiß von der Stirn.
 
Einer, der weiß was es heißt, "wie wahnsinnig" zu rutschen, sitzt 50 Meter Luftlinie vom Eingang der Rutsche entfernt in der Cafeteria des Schwimmbads und gibt Interviews: Jens Scherer, der amtierende Weltmeister im Schnell-Rutschen, ist nach Karlsruhe gekommen, um den deutschen Rekordversuch zu unterstützen.

Schmerzhaft
91,34 Kilometer pro Stunde (km/h) schnell war Scherer auf der mit 50 Metern höchsten Rutsche der Welt in Rio de Janeiro in Brasilien. Seine deutlichste Erinnerung gilt dem Aufprall im Wasserbremsbecken: "Das ist bei der Geschwindigkeit wie wenn man über Beton rutscht, mein Körper war nach dem zehnten Mal voller blauer Flecken".
 
Schmerzhaft kann das Rutschen also auch sein, vor allem wenn man wie Scherer mit so wenig Reibung wie möglich das Maximale an Geschwindigkeit rausholen will: "Auf den Rücken legen, Arme nach hinten, Hintern hoch, Beine überkreuzt, und auf einer Ferse abstützen", erklärt er seine Technik.

Schmerzhaft sei jedoch mitunter vor allem sein eigener Ehrgeiz, sagt der 31-Jährige aus Tuttlingen und lächelt ein bisschen verlegen. Vor drei Jahren habe er einen 24-Stunden-Rutsch-Einzelrekord aufgestellt. Am Ende hatte er 152 Kilometer zusammen, aber bereits nach zwei Stunden Treppen hoch und Rutsche runter war er körperlich fertig: "Das ist die pure Quälerei, monoton und stumpfsinnig. Aber nach zwei Wochen hat man es vergessen und mittlerweile habe ich mir den 24-Stunden-Marathon schon viermal angetan."
 
Auch Beteiligung in Neckarsulm
Auch das Freizeitbad Aquatoll in Neckarsulm beteiligte sich am Weltrekord. Zum bundesweiten Wasserrutschen-Aktionstag gab das Aquatoll von 12 bis 18 Uhr die Black-Hole-Rutsche frei. Die Länge der Rutsche im Aquatoll beträgt 80 Meter. Bei 1000 Rutschdurchgängen innerhalb der Wettkampfzeit, also zwischen 12 und 18 Uhr, gehen 80 Kilometer auf das Konto der deutschen Teilnehmer.

Auch Deutschland hat sich mittlerweile müde gerutscht, der 24-Stunden-Marathon ist vorbei. Er war vielleicht nicht so anstrengend für die beteiligten Rutscher wie für Einzelkämpfer Scherer, dafür ebenso erfolgreich: "Wir haben den Rekord geknackt und aus den USA abgeholt. Wir sind Weltrekord", sagt Scherer am Sonntag, als das Ergebnis feststeht. Die Freude über einen weiteren Superlativ ist ihm deutlich anzumerken. dpa/red

Infos zum Rekordversuch
www.aquatoll.de